Die Unionsmarke erfreut sich seit ihrer Einführung im Jahr 1996 steigender Beliebtheit als kostengünstig erhältliches Schutzrecht, das nach der Eintragung im Register des Europäischen Amts für Geistiges Eigentum einen einheitlichen Markenschutz in allen, derzeit 28 Mitgliedsstaaten der EU bietet. Durch den im Juni 2016 durch ein Referendum beschlossen Ausstieg des Vereinigten Königreichs aus der EU wird in nunmehr absehbarer Zeit ein wichtiger Wirtschaftraum aus dem Gebiet der EU und somit voraussichtlich auch aus dem geografischen Schutzbereich der Unionsmarke herausgefallen.
Auswirkungen des Brexit
Die Auswirkungen des Brexit auf bestehende EU-Marken werden davon abhängen, ob es einen harten Brexit, also einen EU-Austritt ohne Zugang zum EU-Binnenmarkt, oder einen weichen Brexit, also einen EU-Austritt mit Zugang zum EU-Binnenmarkt und damit auch zur Unionsmarke, geben wird. Vieles spricht jedoch für einen harten Brexit und somit dafür, dass das Vereinigte Königreich in Zukunft nicht mehr Teil des EU-Markensystems sein wird.
Schutzgebiet
Die Unionsmarke gewährt ihrem Inhaber Markenschutz auf dem Gebiet der Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Es muss davon ausgegangen werden, dass nach dem Brexit die bestehenden Unionsmarken ihre Schutzwirkung für das Gebiet des Vereinigten Königreichs verlieren werden. Um dennoch auch in Zukunft einen Markenschutz mit Wirkung für das Gebiet des Vereinigten Königreiches zu erreichen, wird es voraussichtlich erforderlich sein, diesen Markenschutz über eine nationale Markenregistrierung bei dem nationalen Markenamt (UKIPO) oder über eine Internationale Markenregistrierung bei der Internationalen Behörde (WIPO) zu bewirken. Dieses Vorgehen entspräche demjenigen, welches derzeit beispielsweise für die Erlangung von Markenschutz für das Gebiet der Schweiz oder Norwegens erforderlich ist.
Rechtserhaltende Benutzung
Der Inhaber einer Unionsmarke ist verpflichtet, diese Marke innerhalb von fünf Jahren nach der Eintragung innerhalb eines wesentlichen Teils der EU zur Kennzeichnung der unter Schutz gestellten Waren und Dienstleistungen zu benutzen. In vielen Fällen genügt derzeit die Benutzung der Unionsmarke in nur einem einzigen Mitgliedstaat, beispielsweise in Deutschland oder dem Vereinigten Königreich, um den Schutz für das gesamte Gebiet der EU aufrechtzuerhalten. Auch für nationale britische Marken besteht ein entsprechendes Erfordernis der Benutzung, jedoch auf dem Gebiet des Vereinigten Königreichs.
Wird nach dem Brexit eine frühere Unionsmarke ausschließlich auf dem Gebiet des Vereinigten Königreichs verwendet, so werden damit die Bedingungen der Benutzungspflicht für Unionsmarken voraussichtlich nicht erfüllt sein, so dass diese Unionsmarke löschungsreif würde. Ebenso würde eine Benutzung einer britischen Marke auf dem Gebiet der EU die Benutzungspflicht für britische Marken voraussichtlich nicht erfüllen.
Weitere Auswirkungen und Übergangsbestimmungen
Derzeit wird allgemein davon ausgegangen, dass die Auswirkungen des bevorstehenden Wegfalls der Unionsmarkenrechte auf dem Gebiet des Vereinigten Königreichs durch noch zu verhandelnde Übergangsbestimmungen abgemildert werden können. Als eine mögliche Option wird in diesem Zusammenhang die Abspaltung einer britischen Marke von einer Unionsmarke unter Inanspruchnahme des ursprünglichen Anmeldetags der Unionsmarke für das Vereinigte Königreich diskutiert. Auf diese Weise bliebe der Zeitrang der Unionsmarke für die nationale Marke erhalten.
Gleichwohl ist zu erwarten, dass ein harter Brexit zusätzliche Kosten für einen räumlich vergleichbaren Schutz von Marken in der EU und dem dann wieder unabhängigen Vereinigten Königreich verursachen wird, da neben der Unionsmarke eine separate Marke für das Vereinigte Königreich erforderlich sein wird.
Weitere Änderungen sind insbesondere auch im Hinblick auf die gerichtliche Durchsetzung der Markenrechte und der Löschung zu Unrecht eingetragener Marken zu erwarten. Es bleibt abzuwarten, wie sich die Rechtsprechung zum Markenrecht in der EU und dem Vereinigten Königreich zueinander entwickeln wird, da eine einheitliche Rechtsprechung nach dem Brexit nicht mehr über die Europäischen Gerichte erreicht werden kann. Weitreichende Änderungen sind in diesem Zusammenhang derzeit jedoch nicht abzusehen. Allerdings können mit dem geringer werdenden Einfluss britischer Rechtstraditionen auf die Amtspraxis des für die EU-Marken zuständigen Amts der Europäischen Union für geistiges Eigentum (EUIPO) durchaus Änderungen in der Behandlung von EU-Marken durch das EUIPO verbunden sein.
Ausblick
Aus dem geplanten Brexit erwachsen für auf dem britischen Markt tätige Unternehmen auch im Hinblick auf den erforderlichen Markenschutz derzeit noch nicht vollständig absehbare Konsequenzen. Vieles von dem, was in den verschiedenen Fachkreisen als Folgen und Lösungsansätze diskutiert wird, hängt im Wesentlichen von den Ergebnissen der anstehenden Austrittsverhandlungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich ab. Nichtsdestotrotz sollte frühzeitig überprüft werden, in welchen Bereichen Handlungsbedarf erkennbar ist und die eigene Unternehmensstrategie gegebenenfalls an die sich abzeichnenden grundlegenden Änderungen angepasst werden kann oder muss. Es ist vor dem Hintergrund dieser Veränderungen ratsam frühzeitig mit der eigenen Rechtsabteilung oder externen Experten die eigene Schutzrechtsstrategie weiterzuentwickeln, um auf die möglichen Entwicklungen reagieren zu können.